Mitarbeiterüberwachung – Was ist erlaubt?

Mitarbeiterüberwachung - Was ist erlaubt? Rechtliche Grenzen für Arbeitgeber
In der Vergangenheit sind besonders Discounter- und Supermarktketten mehrfach wegen skandalöser Überwachungsmethoden der Mitarbeiter in die Schlagzeilen geraten. Somit erregt die Thematik der Mitarbeiterüberwachung auch in anderen Unternehmen zunehmend Aufmerksamkeit. Nun stellt sich die Frage, wie weit der Arbeitgeber bei der Kontrolle der Mitarbeiter gehen darf und wann rechtliche Grenzen überschritten werden. Zunächst hat jeder Arbeitnehmer die Pflicht, seine im Arbeitsvertrag festgehaltenen Aufgaben, zu erfüllen. Hier ist eine Kontrolle der Arbeitsergebnisse und -Abläufe durch den Vorgesetzten natürlich erlaubt, denn nur so ist die Aufrechterhaltung der betrieblichen Ordnung gewährleistet. Rechtliche Grenzen der Mitarbeiterüberwachung treten in Kraft, wenn die persönlichen Rechte des jeweiligen Mitarbeiters verletzt werden. So dürfen Videokameras oder Tonaufnahmegeräte nur in Ausnahmefällen als heimliches Überwachungsinstrument eingesetzt werden. Die offene Kameraüberwachung ist in Einzelfällen jedoch erlaubt, wenn sie beispielsweise den Zweck der Warensicherung verfolgt. Auch im Falle einer Überwachung durch einen Detektiv, muss ein genauer Verdacht auf eine Straftat bestehen, die sich auf stichhaltige Beweise stützt. Die Überwachung von E-Mail oder Telefonkontakten ist durch Datenschutzrichtlinien eingeschränkt. So darf die Dauer von Telefongesprächen und Internetsitzungen erfasst werden, nicht aber die Inhalte. Hinsichtlich des E-Mail-Verkehrs muss allerdings zwischen privater und betrieblicher Nutzung unterschieden werden. Bei allen erwähnten Kontrollmethoden benötigen Arbeitgeber und Vorgesetzte die Zustimmung des Betriebsrats.
Im Falle einer unrechtmäßigen Überwachung haben Arbeitnehmer die Möglichkeit ihren Arbeitgeber auf Schmerzensgeld zu verklagen, was im schlimmsten Fall negative Auswirkungen auf das Image des Unternehmens haben kann.

Kerner Rechtsanwälte – Fachanwälte für Arbeitsrecht
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Interview mit Herrn Oder

WuP: Welche rechtlichen Grenzen gelten bei der Überwachung von Mitarbeitern? (arbeitsrechtlich, persönlichkeitsrechtlich)

Herr Oder: Die rechtlichen Grenzen richten sich nach der Art der Überwachung. Dabei kann es sich sowohl um eine Video- oder Audioüberwachung, als auch um die Überwachung des E-Mail – oder Telefonverkehrs handeln. An dieser Stelle wird in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers eingegriffen und so muss es im Prinzip für jeden Eingriff eine bestimmte Rechtfertigung geben. Hier gibt es häufig Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge in denen so etwas geregelt ist und der Betriebsrat hat gewisse Mitbestimmungsrechte. Außerdem muss man zwischen verdeckten und offenen Überwachungen unterscheiden. Zudem ist man auch an das Gesetz gebunden, insbesondere an das Bundesdatenschutzgesetz. Hier ist ganz klar geregelt wann man welche Maßnahmen ergreifen darf.

WuP: Unter welchen Motiven/Voraussetzungen ist eine Überwachung der Mitarbeiter zulässig?

Herr Oder: Auch hier muss man unterscheiden, welchen Zweck die Überwachung verfolgen soll. Je nach dem, ob es sich um eine Überwachung im Eingangsbereich eines Betriebes handelt, wo kontrolliert wird, wer rein- und rausgeht, oder ob es sich um einen Extremfall handelt, in dem ein Detektiv beauftragt wird. Es kommt also darauf an, wie stark in die Privatsphäre des Mitarbeiters eingegriffen wird. Wenn man beispielsweise einen Detektiv einschaltet, dann muss es sich natürlich um einen schweren Verdacht der Vertragspflichtverletzung oder einer Straftat handeln. Dann ist es natürlich das Recht des Arbeitgebers in die Rechte des Arbeitnehmers einzugreifen.

WuP: Welche Mitbestimmungsrechte hat der Betriebsrat in Bezug auf die Mitarbeiterüberwachung?

Herr Oder: Im Betriebsverfassungsgesetz sind bestimmte Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates geregelt. Der § 87 bestimmt in welchen Fällen der Betriebsrat mitzubestimmen hat: Hier muss sich der Arbeitgeber auch darum bemühen, dass eine Einigung mit dem Betriebsrat erzielt und eine Betriebsvereinbarung getroffen wird. Die Regelung in § 87 Absatz 1, Ziffer 6 BetrVG besagt, dass der Betriebsrat bei Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die dazu bestimmt sind das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen, mitzubestimmen hat. Wendet der Arbeitgeber solche Überwachungsmaßnahmen an, hat er die Pflicht, den Betriebsrat zu beteiligen. Eine Besonderheit besteht allerdings in § 87 BetrVG, denn das Mitbestimmungsrecht im Falle einer Überwachung erfordert immer einen kollektiven Sachverhalt. Das heißt, der Betriebsrat darf nur mitbestimmen, wenn das Kollektiv von Arbeitnehmern von der Überwachung betroffen ist und man generelle Maßnahmen durchführt. Hier muss der Betriebsrat beteiligt und hinzugezogen werden, sodass eine Einigung und eine anschließende Betriebsvereinbarung erfolgen kann.

WuP: Müssen die Mitarbeiter über die Kontrollmaßnahmen des Arbeitgebers aufgeklärt werden?

Herr Oder: Im Falle von Kontrollmaßnahmen müssen die Mitarbeiter nicht generell darüber aufgeklärt werden, denn es wäre paradox diese vorher über eine verdeckte Überwachung zu informieren. Somit wäre auch der verfolgte Zweck gefährdet. Auch hier muss der Zweck der Überwachung klargestellt und unterschieden werden. Wenn beispielsweise an einem öffentlich zugänglichen Werkseingang eine Kamera installiert wird, müssen die Mitarbeiter darauf hingewiesen werden, dass dort eine Kamera hängt. Dies ist auch im Bundesdatenschutzgesetz geregelt: Der § 6b beschreibt wann die Überwachung in öffentlich zugänglichen Räumen zulässig ist und in § 6b Absatz 2 ist dann der Umstand der Beobachtung geregelt.

WuP: Wie können Mitarbeiter gegen eine Überwachung am Arbeitsplatz vorgehen und haben Sie im Falle einer unzulässigen Überwachung auch einen Anspruch auf Schmerzensgeld?

Herr Oder: Die Mitarbeiter können selbstverständlich gegen eine unzulässige Überwachung vorgehen. In der Praxis ist es häufig der Fall, dass sich die Mitarbeiter im ersten Zug an den Betriebsrat werden. Jedoch können Sie beispielsweise gegenüber dem Arbeitgeber einen Unterlassungsanspruch gerichtlich durchsetzen und ein Schmerzensgeld in Anspruch nehmen. Da bei einer unzulässigen Überwachung in die Persönlichkeitsrechte des Arbeitnehmers eingegriffen wird, ist ein Schmerzensgeld hier auch gerechtfertigt. Andere Schadensersatzansprüche werden in der Regel ausscheiden, weil man den Schaden nicht konkret darstellen kann, wie beispielsweise einen Vermögensschaden. In diesem Zusammenhang hat das Bundesarbeitsgericht im Februar 2015 einer unzulässig überwachten Mitarbeiterin Schmerzensgeld zugesprochen. Die Arbeitnehmerin war arbeitsunfähig erkrankt und der Arbeitgeber hatte Zweifel daran. Er ließ also seine Mitarbeiterin durch einen Detektiv überwachen um seinen Verdacht zu prüfen. Daraufhin ist die Arbeitnehmerin durch eine Klage beim Bundesarbeitsgericht, gerichtlich dagegen vorgegangen. Das Gericht hat entschieden, dass diese Überwachung unzulässig war und es dafür keinen berechtigten Anlass gab. Dies wurde insbesondere auch damit begründet, dass die Arbeitnehmerin diverse Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt hatte und es keinen Grund dafür gab, dass der Beweiswert dieser Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert ist. Aufgrund der unzulässigen Überwachung wurde der Arbeitnehmerin ein Schmerzensgeld von etwa 1.000 EUR zugesprochen.

WuP: Vielen Dank für das Gespräch!

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